Die systematische Erforschung der Arbeitszufriedenheit steht in der Tradition der Human-Relations-Bewegung (Judge, Thoresen, Bono, & Patton, 2001): Zuckerbrot und Peitsche des Taylorismus wurden durch das Credo „Nur zufriedene Arbeiter sind gute Arbeiter“ ersetzt. Besonderes Interesse galt daher der Frage, inwiefern Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung zusammenhängen; ein Thema, das Landy (1989) den „Heiligen Gral“ der Organisationspsychologie nannte. Trotz des seit mehr als 80 Jahren anhaltenden Forschungsinteresses und unzähliger wissenschaftlicher Untersuchungen konnte diese Frage bislang nicht eindeutig beantwortet werden. Um den „wahren“ Zusammenhang zu entdecken, führten einige Autoren Meta-Analysen basierend auf mehreren hundert Arbeiten durch. Die Ergebnisse bleiben jedoch uneinheitlich: die ermittelten Zusammenhänge sind mal niedriger (Iaffaldano & Muchinsky, 1985) und mal höher (Judge et al., 2001). Zusammenfassend kann man festhalten, dass die Arbeitsleistung in etwa so stark mit der Arbeitszufriedenheit zusammenhängt wie mit Gewissenhaftigkeit (Barrick & Mount, 1991) und strukturierten Einstellungs-Interviews (McDaniel, Whetzel, Schmidt, & Maurer, 1994).
Führt Zufriedenheit zu Leistung oder umgekehrt?
Die Ergebnisse erlauben zwar eine grobe Einschätzung der Höhe des Zusammenhangs, verraten aber nichts über seine Richtung. Führt Zufriedenheit bei der Arbeit zu guten Leistungen, oder führen gute Leistungen zu hoher Zufriedenheit? Für beide Richtungen gibt es gute Argumente (Judge et al., 2001): Dass Einstellungen bestimmte Verhaltensweisen bewirken, geht beispielsweise aus der berühmten „Theorie geplanten Verhaltens“ (Ajzen, 1985) hervor. Eine positive Einstellung gegenüber einem Verhalten (z. B. der Arbeit) ist dafür verantwortlich, ob ich das Verhalten ausführe oder nicht. Das Motivationsmodell von Lawler und Porter (Lawler, 1973) hingegen argumentiert andersherum: Gute Leistungen führen zu Verstärkern wie beispielsweise Lob, Beförderungen und Gehaltserhöhungen, die ihrerseits wiederum zu Arbeitszufriedenheit führen. Was nun was beeinflusst, ist unklar. Hier würden längsschnittliche Untersuchungen weiterhelfen, die jedoch aus Zeit- und Kostengründen relativ selten durchgeführt werden.
Welche praktischen Schlüsse lassen sich aus diesen Ergebnissen ziehen? Zunächst müssen Arbeitgeber einsehen, dass Maßnahmen zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit nicht grundsätzlich zu Leistungssteigerungen führen müssen. Da die Richtung des Zusammenhangs jedoch ohnehin unklar ist, wieso nicht umgekehrt vorgehen? Zum einen ist es theoretisch plausibel, dass gute Leistungen zu hoher Arbeitszufriedenheit führen, zum anderen lässt sich ein „harter“ Faktor wie Leistung eventuell besser steigern als ein weiches, diffuses Konstrukt wie Arbeitszufriedenheit. Hier bietet sich beispielsweise Führungsfeedback als potente Methode der Leistungssteigerung an (Kluger & DeNisi, 1996). Die hierdurch entstehende Arbeitszufriedenheit hat ihrerseits wieder viele positive Auswirkungen:
Erstens hängt Arbeitszufriedenheit neben der Leistung mit vielen weiteren erfolgsrelevanten Faktoren zusammen. Besonders hoch ist der Zusammenhang zur emotionalen Bindung zum Unternehmen, dem sog. affektiven Commitment (Cooper-Hakim & Viswesvaran, 2005). Ebenso lassen sich freiwilliges Engagement im Unternehmen (Foote & Tang, 2008), Absentismus (Ybema, Smulders, & Bongers, 2010) und die Absicht, das Unternehmen zu verlassen (Tett & Meyer, 1993) gut durch Arbeitszufriedenheit vorhersagen.
Zweitens steht Arbeitszufriedenheit in Relation zu physischer und psychischer Gesundheit. Eine umfangreiche Meta-Analyse, in der mehr als 250.000 Einzelfälle berücksichtigt wurden, ergab einen deutlichen Zusammenhang (Faragher, Cass, & Cooper, 2005). Besonders groß waren die Zusammenhänge von Unzufriedenheit zu psychischen Beschwerden wie Burn-Out, verringertem Selbstwertgefühl, Depression und Angstzuständen. Anhand von Längsschnittdaten konnte gezeigt werden, dass es sich dabei um einen kausalen Einfluss der Arbeitszufriedenheit auf die Gesundheit handelt (Fischer & Sousa-Poza, 2009).
Schlussendlich sollte man nicht vergessen, dass Arbeitszufriedenheit mehr als nur ein Stellrädchen zur Erreichung organisationaler Ziele ist. Die Zufriedenheit der Mitarbeiter ist vor allem ein Wert in sich. Diese Ansicht folgt dem Gedanken der humanistischen Psychologie, die Sinnerfüllung und Selbstverwirklichung des Menschen in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass Arbeitszufriedenheit mit einer weiteren, nicht organisatorischen Variable zusammenhängt (Tait, Youtz Padgett, & Baldwin, 1989): der Lebenszufriedenheit.
Quellen
Ajzen, I. (1985). From intentions to actions: A theory of planned behavior. In J. Kuhl & J. Beckmann (Eds.), Action control: From cognition to behavior (pp. 11 – 39). Berlin, Heidelberg, New York: Springer.
Landy, F. (1989). Psychology of Work Behavior. Pacific Grove, CA: Brooks/Cole.
Lawler, E. (1973). Motivation in work organizations. Monterey.
Der Beitrag erschien in ähnlicher Form in: Haarhaus, B. (2012). Mythen der Arbeitszufriedenheit. DGP-Informationen, 53, 39 – 43.