Unter dem Begriff „Arbeitszufriedenheit“ kann sich jeder etwas vorstellen: Die Zufriedenheit mit der Arbeit. Eine allgemeingültige Definition existiert dennoch nicht. Eine Defintion, die den aktuellen Forschungsstand zur Arbeitszufriedenheit widerspiegelt, ist die Folgende:
Der Begriff „Arbeitszufriedenheit“ beschreibt die Einstellung eines Individuums gegenüber seiner Arbeit im Allgemeinen sowie verschiedenen Teilbereichen seiner Arbeit im Speziellen.
Einige Aspekte dieser Definition verdienen eine genauere Betrachtung.
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- Arbeitszufriedenheit wird als Einstellung verstanden und beinhaltet damit ein Objekt und eine Bewertung (Eagly & Chaiken, 2007). Das Objekt, auf das sich die Zufriedenheit bezieht, ist die Arbeit bzw. verschiedene Teilbereiche der Arbeit. Das Zufriedenheitsurteil umfasst eine Bewertung dieses Objekts: Hohe Arbeitszufriedenheit entspricht einer positiven, Unzufriedenheit einer negativen Bewertung.
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- Arbeitszufriedenheit befindet sich stets auf der Ebene des Individuums. Zwar betrachten einige Autoren auch die sog. „geteilte Zufriedenheit“ von Gruppen und Teams (Whitman, van Rooy, & Viswesvaran, 2010), hierbei handelt es sich aber nur um Aggregationen individueller Zufriedenheit.
- Die Einstellungsobjekte lassen sich hierarchisch anordnen (Judge & Kammeyer-Mueller, 2012). Die „allgemeine Arbeitszufriedenheit“ ist das Gesamturteil über die Arbeit und schließt verschiedene Teilbereiche ein, denen individuell mehr oder weniger Bedeutung zugemessen wird. Die verschiedenen Teilbereiche oder Facetten der Arbeit können ebenfalls bewertet werden. Der Arbeitsbeschreibungsbogen unterscheidet z. B. die Zufriedenheit mit den Tätigkeiten, den Kollegen/innen, den Entwicklungsmöglichkeiten, der Bezahlung, dem/der Vorgesetzten, den Arbeitsbedingungen sowie der Organisation und Leitung.
Babylonisches Begriffschaos
Arbeitszufriedenheit wird seit über 80 Jahren in verschiedenen Kontexten mit verschiedenen Zielsetzungen erforscht. Über die Jahre hat sich daher eine Vielzahl von Konzepten herausgebildet, die in verschiedene theoretische und methodische Kontexte eingebettet sind (Six & Kleinbeck, 1989, S. 373). Bereits vor 30 Jahren waren es so viele, dass von einer „verwirrenden Vielfalt“ (Neuberger & Allerbeck, 1978, S. 11) und „babylonische[m] Begriffschaos“ (Neuberger, 1974, S. 140) gesprochen wurde. Vor dem Hintergrund, dass sich auch aktuellere Übersichten zu diesem Thema nach wie vor älterer Klassifikationen bedienen (z. B. Weinert, 2004, S. 256 – 257; von Rosenstiel, 2007, S. 433), kann dieser Einschätzung zur Definitionsvielfalt nach wie vor zugestimmt werden. In einem Versuch der Systematisierung unterscheiden Six und Kleinbeck (1989, S. 372 – 378) verschiedene Einzeldefinitionen, dimensionsanalytische Ansätze und Klassifikationsansätze.
- In die Klasse der Einzeldefinitionen fallen Beschreibungen des Arbeitszufriedenheitsbegriffs, die keinen theoretischen Bezug aufweisen. Dazu zählt beispielsweise die Definition von Hoppock (1935). Arbeitszufriedenheit ist demnach „eine Kombination psychologischer, physiologischer und situativer Bedingungen, die die Person zu der ehrlichen Äußerung veranlassen: ‚Ich bin mit meiner Arbeit zufrieden‘“ (Hoppock, 1935, S. 47).
- In dimensionsanalytischen Ansätzen, die eng an Fragebögen zur Erfassung der Arbeitszufriedenheit angelehnt sind, wird Arbeitszufriedenheit als die gewichtete oder ungewichtete Summe der Zufriedenheit mit verschiedenen, meist faktorenanalytisch gewonnenen Arbeitsfacetten verstanden. Ein Beispiel hierfür sind die Facetten „Tätigkeit“, „Bezahlung“, „Entwicklungsmöglichkeiten“, „Vorgesetzte“ und „Kollegen“ des Job Descriptive Index (Smith, Kendall, & Hulin, 1969).
- In die Gruppe der Klassifikationsansätze fällt die differenzierte Klassifikation von Neuberger & Allerbeck (1978). Arbeitszufriedenheit kann demnach operational, als Bedürfnisbefriedigung, als (aufgehobene) Soll-Ist-Differenz, als das Erreichen bestimmter Werte, als affektive Bewertungs-Reaktion, als Gleichgewichtszustand, als Ergebnis komplexer Informationsverarbeitung, als Entsprechung einer Erwartungshaltung oder als Einstellung zur Arbeit bzw. zu Aspekten der Arbeitssituation definiert werden (Neuberger & Allerbeck, 1978, S. 11 – 15).
Von Rosenstiel (2007, S. 433) bietet in Anlehnung an Neuberger (1974, S. 141) eine übersichtlichere Klassifikation theoretischer Arbeitszufriedenheitskonzepte an: Er unterscheidet bedürfnistheoretische, anreiztheoretische, gleichgewichtstheoretische und humanistische Ansätze.
- Bedürfnistheoretischen Ansätzen liegt das Homöostaseprinzip zugrunde, dem zufolge Personen versuchen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, um einen inneren Gleichgewichtszustand zu erreichen.
- Im Unterschied dazu gehen anreiztheoretische Konzepte vom hedonistischen Prinzip aus, nach dem Personen keinen befriedigenden Zustand, sondern die Maximierung von Lustgefühlen anstreben.
- Gleichgewichtstheoretische Ansätze (bei Neuberger, 1974, S. 141: „kognitive Konzeptionen“) nehmen – wie die bedürfnistheoretischen Ansätze – an, dass Personen einen Gleichgewichtszustand anstreben. Dieser ist aber nicht physiologischer, sondern kognitiver Natur. Ein kognitives Ungleichgewicht kann z. B. daraus resultieren, dass die erbrachte Leistung nicht mit der erhaltenen Entlohnung übereinstimmt.
- Humanistische Ansätze betonen das Streben nach Selbstverwirklichung und Sinnerfüllung durch die Arbeit.
Emotion oder Einstellung?
Arbeitszufriedenheit wird in der Regel als Emotion oder Einstellung verstanden. Eine häufig zitierte Definition lautet z. B. „Job Satisfaction is the pleasurable emotional state resulting from the appraisal of one’s job as achieving or facilitating one’s job values“ (Locke, 1969, S.316). Andere Autoren verstehen Arbeitszufriedenheit hingegen als Einstellung, wie z. B. Brief (1998, S.10), der Arbeitszufriedenheit als „attitude toward one’s job“ definiert. Wiederum andere Autoren (z. B. Smith, Kendall, & Hulin, 1969) greifen auf beide Definitionen zurück. Aber welche Definition ist nun passender?
Weiss (2002) argumentiert, dass Arbeitszufriedenheit immer eine Bewertung der Arbeit bzw. bestimmter Aspekte der Arbeit beinhaltet und damit im Grunde genommen eine Einstellung ist. Emotionale Reaktionen (z. B. Wut nach einem Streit mit dem/der Vorgesetzten) oder Stimmungen (z. B. Niedergeschlagenheit) sind nicht gleichbedeutend mit Zufriedenheit, können sich aber durchaus auf die Zufriedenheit auswirken. Dies steht in Einklang mit sozialpsychologischer Forschung, die zeigt, dass Einstellungen sowohl kognitiven als auch affektiven Ursprungs sein können (van den Berg, Manstead, van der Pligt, & Wigboldus, 2006). So resultiert Zufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen eher aus sachlichen Bewertungen (kognitiv) und Zufriedenheit mit den Arbeitskollegen eher aus persönlicher Sympathie (affektiv). Weiss (2002, S. 175) definiert Arbeitszufriedenheit daher in Anlehnung an die Einstellungsforschung als „a positive (or negative) evaluative judgment one makes about one’s job or job situation.“
Abgrenzung
Der Begriff der Arbeitszufriedenheit lässt sich – wenn auch etwas unscharf – von verwandten Konstrukten wie z. B. dem Betriebsklima und der Berufszufriedenheit abgrenzen. Die Begriffe „Arbeitszufriedenheit“ und „Betriebsklima“ unterscheiden sich in den bewertenden Akteuren und den zu bewertenden Objekten: Das Betriebsklima resultiert aus der Bewertung der Organisation von einer Vielzahl von Personen, die Arbeitszufriedenheit hingegen aus der von einer einzelnen Person abgegebenen, subjektiven Bewertung der Organisation und der Tätigkeit (Fischer, 1989, S. 19 – 20). Den Begriffen „Berufszufriedenheit“ und „Arbeitszufriedenheit“ liegen ebenfalls verschiedene Bewertungsobjekte zugrunde. Während sich der Begriff „Arbeitszufriedenheit“ auf die aktuelle Arbeitssituation bezieht, versteht man unter dem Begriff „Berufszufriedenheit“ die (längerfristige) Zufriedenheit mit dem gewählten Beruf (Fischer, 1989, S. 17).
Quellen
Brief, A. P. (1998). Attitudes in and around organizations (Vol. 9). Thousand Oaks, CA: Sage.
Fischer, L. (1989): Strukturen der Arbeitszufriedenheit – Zur Analyse individueller Bezugssysteme. Göttingen: Hogrefe.
Hoppock, R. (1935). Job satisfaction. Oxford: Harper.
Neuberger, O. (1974). Theorien der Arbeitszufriedenheit. Stuttgart: Kohlhammer.
Neuberger, O., & Allerbeck, M. (1978). Messung und Analyse von Arbeitszufriedenheit: Erfahrungen mit dem „Arbeits-Beschreibungs-Bogen (ABB)“. Bern: Hans Huber.
Six, B., & Kleinbeck, U. (1989). Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit. In E. Roth, H. Schuler & A. Weinert (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie, Themenbereich D: Praxisgebiete, Serie 3: Wirtschafts‑, Organisations- und Arbeitspsychologie, Bd. 3 (S. 348 – 397). Göttingen: Hogrefe.
Smith, P., Kendall, L., & Hulin, C. (1969). The measurement of satisfaction in work and retirement: A strategy for the study of attitudes. Chicago, IL: Rand McNally.
von Rosenstiel, L. (2007). Grundlagen der Organisationspsychologie – Basiswissen und Anwendungshinweise, 6. Aufl. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.
Weinert, A. (2004). Organisations- und Personalpsychologie, 5. Aufl. Weinheim, Basel: Beltz.